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Mitgliederinformation September 2023

Mitgliederinformation September 2023

Alina kommt aus Odessa. Sie ist in Kiew geboren. Sie ist mit ihren Kindern seit Frühjahr letzten Jahres in Pullach, zuerst in einer Familie, aktuell in einer Wohngemeinschaft. Sie arbeitet seit fast einem Jahr und muss für ihre Kinder alles organisieren als alleinerziehende Mutter. Sie spricht über die Situation der Kinder in den Schulen in Ihrer Heimatstadt Odessa, beeindruckend, traurig, aber wahr.

Der Schuljahresbeginn in Bayern. Die Kinder kehren in die Schulen zurück, und wahrscheinlich wird ihre erste Unterrichtsstunde dem Thema gewidmet sein, wie sie den Sommer verbracht haben. In der Ukraine beginnt das Schuljahr auch immer im Herbst, am 1. September. Meine Tochter, wie alle ukrainischen Kinder, die in Pullach leben, besucht gleichzeitig zwei Schulen. Morgens geht sie zur deutschen Schule, und zu Hause nimmt sie am Fernunterricht bei einer ukrainischen Lehrerin teil und absolviert das Schulprogramm mit meiner Hilfe.
Aber in diesem Jahr sind die Schüler unserer Schule in Odessa (einer Stadt, in der wir vor dem Krieg gelebt haben) am 1. September nicht zur Schule gegangen. Im Sommer dieses Jahres hat der Feind Odessa brutal angegriffen und schwere Schäden im historischen Stadtzentrum angerichtet. Historische Gebäude, die unter dem Schutz der UNESCO stehen, wurden ebenfalls beschädigt. Leider hat auch die Schule meiner Tochter gelitten, eine Schule, die älter als 100 Jahre ist. Sie ist in einem gefährlichen Zustand, aber Lehrer und die örtliche Verwaltung bemühen sich immer noch, den Unterricht wieder aufzunehmen. Jedoch wurde den Lehrern am 1. September untersagt, den Unterricht zu beginnen, da der Luftschutzkeller noch nicht in akzeptablem Zustand ist. Ein Ingenieur, der diese Einrichtung besucht hat, sagte: „Dieser Ort wird niemanden vor direkten Raketenangriffen retten.“ Außerdem muss die Lehrerin, wenn die Sirene heult, 18 Kinder innerhalb von Minuten in einen Bunker führen, wobei sie nicht nur ihr eigenes Leben riskiert…

Wenn der Unterricht endlich wieder aufgenommen wird, wird die erste Unterrichtsstunde nicht „wie habe ich den Sommer verbracht?“ sein… Die erste Stunde wird darin bestehen, Fähigkeiten im Umgang mit Luftangriffen zu üben und sich zum Luftschutzkeller zu begeben. Jedes Kind wird eine Notfalltasche mit notwendigen Gegenständen zur Schule mitbringen… Dieser Krieg betrifft uns alle und hinterlässt eine schreckliche Spur bei den Kindern… Das Niveau von Angst und Aggression bei den Kindern ist extrem hoch, sie beginnen zu stottern und beginnen wieder ins Bett zu nässen, sie entwickeln Neurosen. All dies ist die Folge von Raketenangriffen… Die Lehrerin erzählte mir, dass der Junge aus der benachbarten Wohnung so sehr weinte, dass man ihn durch die Wände eines Mehrfamilienhauses hören konnte. Er konnte sich lange nicht beruhigen und rief verzweifelt „Mama, Mama“, das war in der Nacht schrecklicher Angriffe… Viele Eltern und Kinder bleiben nachts zu Hause, denn nicht immer gibt es die Möglichkeit, mitten in der Nacht mit schlafenden Kindern in den Bunker zu rennen. Die Menschen verstecken sich im Flur und im Badezimmer, schlafen nicht und müssen morgens zur Arbeit oder zur Schule gehen… Jeder Mensch in der Ukraine braucht psychologische Hilfe, und wie sehr die Kinder sie brauchen…

Aber was ist mit den Kindern, die in Deutschland und anderen Orten im Ausland sind? Gott sei Dank hören sie nicht, wie die Raketen fallen, aber sie sind weit weg von ihrer Heimat, von ihren Verwandten, und sie sehen alles in den Augen derer, die bei ihnen sind. Mein kleiner Sohn fragt mich immer, wann der Krieg enden wird. Und meine Tochter wünscht sich einfach, wo und wann immer sie kann, dass dieser Wunsch nach dem Ende des Krieges in Erfüllung geht.

Uns wird berichtet, dass die Russen derzeit Raketen ansammeln. Und diese Raketen werden erneut auf die Zerstörung der Energieinfrastruktur gerichtet sein. In Odessa wird die Stromversorgung täglich 10 Stunden lang unterbrochen sein, und das wird bereits jetzt angekündigt. Bald wird der kalte Herbst und der Winter kommen, die schlimmer sein werden als im letzten Jahr… Der Bildungsbetrieb wird erneut gestört werden, deshalb bereiten sich die Lehrer bereits darauf vor, im ersten Semester das zu unterrichten, was normalerweise in zwei Semestern vermittelt wird. Die Kinder müssen lernen, trotz allem…

In letzter Zeit höre ich viele Appelle, dass alle vom Krieg müde sind und dass wir uns einigen müssen. Wir müssen uns einigen, um den Frieden wiederherzustellen, das Blutvergießen zu stoppen und die Weltwirtschaft zu stabilisieren. Aber was bedeutet das wirklich? Bedeutet das, dass wir das Territorium eines unabhängigen Staates aufzugeben, für den Tausende von Soldaten gestorben sind? Bedeutet das, Städte und Dörfer aufzugeben, in denen Eltern und Kinder gestorben sind?

Aber wo ist die Garantie, dass der Feind nie wieder zurückkehren wird, dass er nicht nur eine Pause einlegt, mehr Raketen ansammelt und erneut mordet? Sollen wir wirklich den Terroristen das, was sie mit Gewalt genommen haben, einfach überlassen, um sie zu besänftigen? Wo ist der Punkt, der ein Schlussstrich sein wird, und nicht nur ein Komma? Und warum starben dieser junge Mann und dieses Mädchen, die ihr Zuhause verteidigten, und warum schrie dieser kleine Junge so verzweifelt hinter der Wand?

Vielen Dank, dass aufgenommene Ukrainerinnen ihre Gedanken, ihre Erfahrungen zum wöchentlichen Innehalten, immer sonntags um 17 Uhr am Baryschiwka Platz in Pullach beitragen.

Otto Horak

24. August Unabhängigkeitstag in der Ukraine

24. August Unabhängigkeitstag in der Ukraine

Der Unabhängigkeitstag der Ukraine erinnert an die Tage des Augustputschs gegen den damaligen russischen Präsidenten Boris Jelzin im Sommer 1991.

Drei Tage nach dem versuchten Staatsstreich erfüllte das ukrainische Parlament auf einer Sondersitzung die notwendigen rechtlichen Bedingungen und verabschiedete die Unabhängigkeitserklärung der Ukraine, die durch ein Referendum am 1. Dezember bestätigt wurde.

Welch aufregende Zeiten damals. Pullach hatte bereits die Partnerschaft mit dem Rayon Baryschiwka durch einen Vertrag besiegelt. Als oberstes Ziel steht in der Präambel die Völkerverständigung, die Begegnung besonders von jungen Leuten. Sich Kennenlernen, die Kultur kennenlernen, Land und Leute sehen und verstehen, miteinander sprechen, feiern, Zeit verbringen, sich gegenseitig besuchen und dadurch Freunde werden, sich helfen, das ist echte Partnerschaft, daraus wird Freundschaft und Verbundenheit.

Am 24. August musste man den zweiten ukrainischen Nationalfeiertag seit Beginn des russischen Angriffskrieges begehen.
Bundeskanzler Scholz richtete eine Botschaft an Präsident Selenskji und an das ukrainische Volk (Zitat):
„Heute feiern Sie die Unabhängigkeit und Freiheit Ihrer Nation. Das sind genau die Werte, die Ihr ganzes Land in Ihrem tapferen Kampf gegen die brutale russische Aggression verteidigt. Wir bewundern Ihren Mut und Ihre Stärke.“

Auch wir in Pullach stehen an der Seite unserer Partner, die seit fast 33 Jahren unsere Freunde geworden sind.
Wir wollen unterstützen, was wir können. Dank Ihrer Hilfe, dank der großzügigen Unterstützung der Pullacher*innen können wir in Baryschiwka und Beresan Projekte verwirklichen, die dringend benötigt werden. Gerade in den Krankenhäusern, Schulen, Kindergärten, Feuerwehren, Pflegeheim und auch Maßnahmen für die wichtige Infrastruktur versuchen wir zu realisieren. Sehr viel ist schon geschehen, wir planen weiter. Momentan ist der Ausbau von Schutzräumen für die Kindergarten und Schulkinder an erster Priorität. Leider warnt die Sirene auch tagsüber oft vor Luftangriffen und es notwendig und Vorschrift, dass die Kinder zum Schutz in den dazugehörigen Kellern die gefährliche Zeit verbringen müssen. Der Partnerschaftenverein und die Gemeindeverwaltung realisieren Projekte, die vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung initiiert sind.

Wir machen weiter, sind solidarisch, stehen an der Seite, und hoffen auf ein baldiges Ende des Krieges, auf ein Ende der Angst, Zerstörung und des Mordens.

Wir treffen uns seit Kriegsbeginn im Februar 2022 jeden Sonntag um 17 Uhr am Baryschiwka Platz in Pullach zum Innehalten für den Frieden.

Mitgliederinformation August 2023

Mitgliederinformation August 2023

Eine Ladung für die Kinder.

Letzten Mittwoch bestellten wir wieder der LKW und beluden diesen komplett mit Ausrüstung und Möbel für die Schulen.
Unsere Partnerstädte aus der Ukraine konnten sich im Frühjahr aus einem Katalog, den die GIZ Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit zur Unterstützung der ukrainischen Gemeinden zusammengestellt hat, je ein Hilfspaket aussuchen. Berezan hat sich für das Kinder/Jugendpaket entschieden. Dieses beinhaltet eine Ausrüstung für einen Kinderspielplatz. Diese Teile wurden vor ungefähr vier Wochen nach Berezan gebracht. Der Kinderspielplatz wird gerade aufgebaut und es könnte sein, dass diese Woche schon die Kinder Einzug halten. Momentan gibt es sehr oft Warnungen vor Luftangriffen, damit soll niemand außer Haus gehen. Aber wie funktioniert das Leben mit den massiven Einschränkungen und immer eine Möglichkeit der Gefahr.

Trotz allem ist es noch wichtiger für die Kinder eine kindgerechte Ausstattung in ihrer Lebensumgebung zu schaffen. Das ist sicher ein Kinderspielplatz mit vielen verschiedenen Aktivitäten. Das Gleiche gilt für die Schulkinder, die sich möglichst in Präsenz Unterricht treffen sollen. In den Schulen werden Schutzkeller eingerichtet. Die Klassen 1 bis 4 bekommen weiter Unterricht, die größeren bekommen Arbeitsblätter und online Unterricht. Die Verantwortlichen aus Baryschiwka haben Informationen geschickt und bitten um Unterstützung. Die Kellerräume unter den öffentlichen Gebäuden sind ohne befestigten Boden und unverputzten Mauern. Natürlich muß ein entsprechender Eingang und Notausgang vorhanden sein, Toiletten eingebaut, Wände und Abtrennungen geschaffen werden und entsprechend möbliert werden. Oft gehen die Kindergartenkinder mit den Schulkindern in den gleichen Schutzkeller und bekommen eine Spielecke.

Zur Möblierung sind natürlich Stühle und Bänke sehr gefragt. So haben wir das Mobiliar, das von Gymnasium vor Corona ausgemustert wurde, mitgeschickt. Seit 2020 wurde alles in zwei Containern gelagert. Der Partnerschaftenverein hat mit Unterstützung von geflüchteten aufgenommenen Jugendlichen und Helfern die Möbel auf Paletten gestapelt und gesichert. Jeder Zentimeter wird genau ausgemessen und ausgenützt. Oben haben wir noch mit Säcken mit Kleidung aufgefüllt.
Aber hauptsächlich haben wir die Möbel und Ausrüstung für drei Klassenräume geliefert bekommen, die wir nach den Regeln der GIZ zu unseren Partnern mit den entsprechenden Papieren in die Ukraine bringen müssen. Inzwischen ist das Team, das die Transporte organisiert, sehr routiniert. Das Vorbereiten auf Paletten hat sich bewährt. Alles wird genau gewogen, beschrieben und für die Ladeliste registriert. Der ukrainische LKW kommt zum Termin, wird leer und voll gewogen, die Zollpapiere bereitet DHL Food Services vor und meldet den Transport bei der Behörde an. Dann muss der LKW für 12 Stunden stehen um vom Zoll besichtigt zu werden, bevor er sich auf die lange fahrt macht. Diesmal ist der Fahrer am Donnerstag aus Pullach losgefahren und am Sonntag gut in Berezan angekommen. Wir jedes Mal erleichtert, wenn alles gut gegangen ist.
Besonders bedanken möchten wir uns beim Elternbeirat von der Grundschule in Grünwald. Sie haben die Schule in Selychsche als Partnerschule gewählt. Beim Pausenverkauf konnten 4.000 € gesammelt werden. Die Lehrer in der Ukraine haben sich Geräte zur besseren technischen Ausrüstung der Schule gewünscht. Es wurden Laptops, Drucker, Bildschirme und andere Geräte angeschafft. Kurz vor Schulende hat der Elternbeirat eine Aktion gestartet, für die Erstklässler eine Ausrüstung zu sponsern mit Schulränzen, Federmapperl, Stiften, Malblocks, Wasserfarben und allen wichtigen Gegenständen. Es ist unglaublich, wie viel gesammelt wurde. Vielen Dank für die Bereitschaft, den Kindern eine gute Ausrüstung zum Schulstart zu geben und damit die Eltern zu entlasten. Wir können sicher sein, dass die Lehrerinnen in Selychsche an jedes Kind die wichtige Hilfe abgeben. Und bei der Menge profitieren die Zweit-, Dritt- und Viertklässler auch noch von den schönen Sachen. Der Partnerschaftenverein hat für die Schulkinder, angepasst an die Klassenstufe wichtige Ausrüstung gesponsert, wie Zirkel, Geodreieck, usw.

An alle ein herzliches Dankeschön.

Die Ferien haben begonnen. Der Partnerschaftenverein hat für die ukrainischen Familieneinen Urlaub in den Bergen organisiert. 37 Erwachsene und Kinder werden sich für 10 Tage Urlaub in der Wildschönau entspannen und eine hoffentlich schöne sonnige Zeit genießen können.

Auch ich wünsche allen Familien eine gute Sommerzeit. Leider ist immer noch Krieg in der Ukraine. Uns bleibt nur zu hoffen, dass es bald zu einem Frieden kommt. Wir machen weiter und wollen unsere Freunde in Baryschiwka und Berezan solidarisch unterstützen, egal ob in Kriegszeiten oder dann beim Wiederaufbau.

Otto Horak

Termine

Es sind keine anstehenden Veranstaltungen vorhanden.

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Vertragsunterzeichnung1990

Der Rat der Gemeinde Pullach im Isartal fasste am 30. Januar 1990 einen weitreichenden Beschluss: Er beauftragte die Verwaltung, mit entsprechenden Stellen vorbereitende Gespräche zur Aufnahme einer Partnerschaft mit einer sowjetischen Kommune zu führen. Diese Gespräche führte der damalige Bürgermeister Ludwig Weber, zusammen mit einer interfraktionellen Delegation des Gemeinderats. Die Gespräche führten dazu, dass bereits am 26. Oktober des gleichen Jahres mit einem Festakt im Pullacher Rathaus ein Freundschaftsvertrag mit dem Rayon (Landkreis) Baryschiwka, etwa 70 km östlich von Kiew gelegen, unterzeichnet werden konnte.